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Martha Heizer in Birgitz , Samstag, 20. März 1999

Was tatsächlich über sie in der Bibel steht, ist wenig und bald erzählt. Ein junges Mädchen erwartet ein Kind unter gefährlichen und diskriminierenden Umständen (Mt 1,18 – 25). Die Bibel berichtet  vom Besuch eines Engels, der bei dem Mädchen anfragt, ob sie einwilligen wolle in Gottes Plan. (Gabriel heißt übersetzt „Stärke Gottes“, d.h. die personifizierte Stärke Gottes kommt zu Maria, und sie braucht sie, um in dieser Situation „JA“ sagen zu können!).  Sie sagt ja, und es folgt ein vermutlich recht schwieriges Leben mit einem revolutionären Sohn. Als Pädagogin frage ich mich natürlich, wie sie ihn wohl erzogen haben mag, daß er so werden konnte. Einen Hinweis darauf gibt es:  am Anfang ihrer Schwangerschaft tauscht sie sich mit ihrer Cousine Elisabeth nicht über Babynahrung und –pflege aus, sondern besingt die Weltrevolution. Schließlich  bringt sie das Kind  „unter armseligen Bedingungen zur Welt (Lk 2,4-7). Sie muß mit dem Kind fliehen, denn das Kind ist gefährdet durch Mächtige (Mt2,13-18). Der Heranwachsende setzt sich von ihr ab. Er läuft seiner Berufung nach. Kann er ja. Aber warum sagt er vorher nichts ? Versteht er nicht, daß Eltern Angst haben (Lk 2,41-52)? Der Erwachsene verläßt sie. Welche Schande – einen solchen Außenseitersohn zu haben in einer Umwelt, die die Sippe so hochschätzt. ... Er weist sie wiederholt und öffentlich zurück.. . Er nennt sie nie Mutter. Andere Frauen sind ihm offenbar viel wichtiger. Er sagt nie, daß er sie liebt...“[1]

Wir wissen wenig darüber, wie sie den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt ihres Sohnes erlebt haben mag. Sie stand am Kreuz, wird berichtet, er ist ihr gestorben (Joh 19,25-30). Sie war zu Pfingsten inmitten seiner Jünger und Jüngerinnen, sie starb in Ephesus.

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Eva Bernhardt, Pastorin i. E., 11.12.2011, Gottesdienst in reformierter Tradition, Antoniterkirche Köln
 
Gabriel kommt zu Maria und Lukas lässt ihn grüßen mit „Chaire!“, dem alltäglichen griechischen Gruß seiner Zeit. Chaire, ein alltäglicher Gruß, der so etwas heißt wie „Freude“, ähnlich dem hebräischen „Shalom“, Friede.

Gabriel kommt in Marias Alltag und grüßt ganz alltä
glich.

Doch dann, dieser andere, ganz und gar nicht mehr alltägliche Gruß.

Im Deutschen und im Lateinischen gibt es dieses Wor
t so gar nicht, es lässt sich nur umschreiben. Es ist ein Verb und bedeutet so viel wie „angenehm machen“. Aber Lukas lässt Gabriel dieses Verb im Perfekt passiv gebrauchen, also so etwas wie „Du Angenehm-gemacht-gewordene“. Maria, die Angenehm-gemacht-gewordene, das klingt kompliziert.
Die lateinische Übersetzung hilft sich, indem sie das Verb gleich ganz auflöst. Im Ergebnis wird das Ganze nun verständlicher, aber der Preis ist hoch, denn fortan sind Missverständnissen über die hier so Gegrüßte Tür und Tor geöffnet. Der Gruß lautet nun: „Sei gegrüßt, voller Gnade!“ – „Sei gegrüßt, Maria voller Gnade!“ – Maria, die Frau, die Gnadenvolle, die Begnadete! Als wäre es ein Attribut ihrer Person.

Dabei liegt
doch alles nur in dem Blick, mit dem Gott sie ansieht.

Maria reagiert sehr menschlich, sehr verständlich.
Sie ist verwirrt, sie ist erschrocken. „Was soll das heißen? Du Angenehm-gemacht-gewordene?“
Und auf Mar
ias menschliche, verständliche Reaktion, reagiert Gabriel menschlich, verständnisvoll und sagt, was Engel in solchen Situation wohl häufiger sagen: „Fürchte Dich nicht!“ Und er setzt noch einmal neu an: „...Du hast Gnade gefunden bei Gott...“.

Und dann, dann redet er mit Engelszungen...

Er spricht sie an und entfaltet ihr, wofür Gott sie
in Anspruch nehmen will: „Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und Du sollst ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden und Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“
Und Maria, Maria ist empfänglich für diese Worte un
d nimmt sie auf und nimmt sie an.

 
Sicher kannte sie die Verheißungen an das Haus Davids, wie sie aufgeschrieben sind zum Beispiel im 2. Buch Samuel, wo Gott zu David spricht: „Wenn sich deine Tage vollenden und du dich zu deinen Vorfahren legst, werde ich den, der von dir abstammt auftreten lassen und ich werde sein Königtum befestigen. [...] Ich werde ihm Vater sein und er wird mir Sohn sein. [...] Meine Gnade aber wird nicht von ihm weichen [...]“
Vielleicht ja auch die Worte d
es Propheten Jesaja: „Seht, eine junge Frau ist schwanger und sie gebiert einen Sohn. Und sie wird ihm den Namen Immanu-El geben.“ Oder auch die Worte aus Jesaja 9: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seinen Schultern [...] Und der Friede ist grenzenlos auf dem Thron Davids.“

Maria ist empfänglich für diese Worte und nimmt sie
auf und nimmt sie an. Und so angesprochen begreift sie sehr wohl, wofür sie da in Anspruch genommen werden soll. Sie soll guter Hoffnung sein, dass ihr Leben etwas austrägt, sie begreift, dass sie den, auf den alle warten, die Hoffnung ihres ganzen Volkes, austragen und zur Welt bringen soll.

...

Lukas erzählt: Hier ereignet sich Schöpfung, Neu-Schöpfung. Schöpfung, neue Schöpfung, der Anbruch von etwas ga
nz neuem – von Gott her, aus seinem Schöpfergeist, in und durch Maria. „Heiliger Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“.

...

Die Jungfräulichkeit Marias zu betonen und zu bekennen heißt, anzuerkennen, heißt zu verstehen, dass es hier in direkter Linie um eine Verbindung, um die Kontinuität zur Offenbarungsgeschichte, zur Verheißungsgeschichte Gottes mit seinem Volk Israels geht, und dass die Verkündigung an Maria, die uns Lukas hier am Anfang seines Evangeliums erzählt, allein vor diesem Hintergrund recht verstanden werden kann.

...

Er, der Gott Israels, öffnet seine Verheißung für a
lle Welt, für alle Menschen. Und dazu spricht er Maria an, nimmt sie in Anspruch. Mitten in ihrem Alltag, mitten in ihrer Welt, mitten in Seiner Welt will Er sie in Umstände bringen, die sie sich so wohl nie vorgestellt oder für sich gewünscht hätte. Doch er nimmt sie in Anspruch. Er erinnert sie an seine Verheißung: das Kommen seines Messias, seines Gesalbten, des Christus.
Und sie ist empfänglich dafür und antwortet: „Ja, m
ir geschehe, wie Du gesagt hast!“

...

Lukas schreibt an anderer Stelle, dass einmal eine
Frau zu Jesus kam, die sagte: „Selig der Schoss, der dich getragen hat, und die Brüste, an denen du gesogen hast. Er aber sprach: Selig vielmehr, die das Wort Gottes hören und bewahren.“
Es ist allein Gott, der die Initiative ergreift. Er
ist es, der Menschen begegnet, der Menschen anspricht und in Anspruch nimmt, sein Wort zu hören, „Ja“ zu ihm zu sagen und es zu bewahren.

Maria hat genau das getan!
Und genau da, da sind wir an dem Punkt, was sie, was Maria denn für uns bedeuten kann!

...

Gott ruft nicht heraus, er ruft hinein in eine Gesc
hichte mit ihm, er ist es, der Menschen anspricht und in Anspruch nimmt, ganz und gar, wie Maria.
Sie
ist offen, sie ist empfänglich für sein Wort und lebt damit fortan in anderen Umständen. Sie ist guter Hoffnung, sie erwartet nichts Kleines, sondern Großes, den Christus Gottes in ihrem Leben.
Ihr Leb
en trägt etwas aus, den Trost, die Hoffnung, das Heil für alle Welt.

Gott macht einen neuen Anfang. Was er braucht sind
empfängliche Menschen, offen für ihn. Begeisterungsfähige Menschen, offen für seinen Geist, der das Leben unter Umständen in Umstände bringt, die wir so nie geplant und gewollt haben – und, mit Blick auf die Kirche, schon gar nicht verwalten können.

Menschen, die ihm unter allen Umständen vertrauen,
unter allen Umständen guter Hoffnung sind und sein können!